Kaspar Burger

Dieser Blog wurde von Silvan Häs ins Deutsche übersetzt.

In den letzten Jahren hat das Ausmaß der sozialen Spaltung in mehreren europäischen Hauptstädten zugenommen (siehe hier). Vor diesem Hintergrund analysierte eine kürzlich durchgeführte Studie, inwieweit die Bildungssysteme in europäischen Ländern sozial segregiert sind und ob die soziale Segregation zwischen den Schulen mit der sozialen Ungleichheit bei den Leistungen der Schüler zusammenhängt.

Soziale Segregation in den Bildungssystemen

In sozial segregierten Systemen sind Schüler mit unterschiedlichem sozioökonomischen Hintergrund ungleichmäßig auf die Schulen verteilt. Das heißt, ein unverhältnismäßig großer Teil der benachteiligten Schüler ist in bestimmten Schulen gebündelt und somit von ihren begünstigten Altersgenossen, die andere Schulen besuchen, getrennt. Wo die Schüler zwischen den Schulen sozial stark segregiert sind, sind die Ressourcen, die zum Bildungsfortschritt und -erfolg der Schüler beitragen, ungleicher verteilt. Eine ungleiche Verteilung der sozioökonomischen Ressourcen unter den Schülern kann zu Ungleichheiten bei den Bildungschancen und -ergebnissen führen, da die Schulen bei der Ausbildung der Schüler informell auf diese Ressourcen zurückgreifen.

Diese Studie zeigt, dass die soziale Segregation in den Bildungssystemen in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich ist. In Norwegen, Finnland und Schweden war die Segregation relativ gering, aber wesentlich höher in beispielsweise Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Tabelle 1 enthält eine Rangfolge der Länder nach dem Grad der sozialen Segregation in ihrem Bildungssystem.

Tabelle 1. Grad der sozialen Segregation in den europäischen Bildungssystemen.
Norwegen0.090
Finnland0.101
Schweden0.139
Schweiz0.146
Island0.150
Großbritannien0.182
Niederlande0.183
Dänemark0.187
Estland0.197
Irland0.211
Serbien0.218
Kroatien0.229
Spanien0.232
Slowenien0.242
Litauen0.246
Durchschnitt0.248
Lettland0.254
Tschechien0.276
Deutschland0.277
Frankreich0.278
Luxemburg0.280
Belgien0.282
Portugal0.288
Griechenland0.292
Österreich0.311
Polen0.312
Slowakei0.357
Ungarn0.379
Rumänien0.401
Bulgarien0.456
Anmerkung. Größere Werte deuten auf eine stärkere soziale Segregation zwischen den Schulen und damit auf eine größere Ähnlichkeit der Schüler innerhalb der Schule entlang sozioökonomischer Linien hin. Eigene Berechnungen, basierend auf den Daten von PISA 2012.

Der Zusammenhang zwischen sozialer Segregation und sozialer Ungleichheit bei den Leistungen der Schüler Die Studie untersuchte auch, inwieweit soziale Segregation mit sozialer Ungleichheit bei den Leistungen der Schülerinnen und Schüler zusammenhängt, d.h. wie stark der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status und den Leistungen der Schülerinnen und Schüler in einem bestimmten Land ist. Abbildung 1 zeigt, dass es eine mäßig positive Beziehung zwischen Segregation und sozialer Ungleichheit bei der Leistung gab. Dies unterstützt die Theorie, dass die Ungleichheit der sozialen Klassen im Bildungswesen in jenen Systemen stärker ausgeprägt ist, in denen sozial unterschiedliche Schüler weniger gleichmäßig über die Schulen verteilt sind.

Abbildung 1. Streudiagramm des Index der sozialen Segregation und des Index der sozialen Ungleichheit in der Leistung.
Anmerkung. Abkürzungen: AUT: Österreich; BEL: Belgien; BGR: Bulgarien; CHE: Schweiz; CZE: Tschechische Republik; DEU: Deutschland; DNK: Dänemark; ESP: Spanien; EST: Estland; FIN: Finnland; FRA: Frankreich; GBR: Großbritannien; GRC: Griechenland; HRV: Kroatien; HUN: Ungarn; IRL: Irland; ISL: Island; LTU: Litauen; LUX: Luxemburg; LVA: Lettland; NLD: Niederlande; NOR: Norwegen; POL: Polen; PRT: Portugal; ROU: Rumänien; SRB: Serbien; SVK: Slowakei; SVN: Slowenien; SWE: Schweden.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse dieser länderübergreifenden Studie belegen die Wichtigkeit der sozialen Segregation in Bildungssystemen und weisen darauf hin, dass soziale Segregation zur Aufrechterhaltung der Ungleichheit zwischen den Generationen beitragen kann.

Danksagung

Die Studie war Teil eines Projekts, das im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Marie Skłodowska-Curie Grant Agreement Nr. 791804 gefördert wurde.

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