John Jerrim, Jake Anders, Silvan Häs, Nikki Shure und Laura Zieger

Dieser Blog wurde von Silvan Häs ins Deutsche übersetzt.

Wenn die Ergebnisse der PISA Studie alle drei Jahre veröffentlicht werden, ist es heute keine Überraschung mehr, dass eine Reihe ostasiatischer Länder (z.B. Singapur, Taiwan, Japan, Südkorea) die Spitzenplätze einnehmen. Diese Länder schneiden in der Regel deutlich besser ab als die meisten englischsprachigen westlichen Länder, mit einer wichtigen Ausnahme – Kanada. Dies ist bei Politik und Bildungsmedien nicht unbemerkt geblieben. Tatsächlich wurde Kanada nach der Veröffentlichung der PISA 2015-Ergebnisse als „Bildungs-Supermacht“ bezeichnet, wobei verschiedene Theorien (von der starken akademischen Leistung von Einwanderern bis hin zu einem hohen Grad an Schülermotivation) zur Erklärung dieses Ergebnisses angeführt wurden. Tatsächlich behauptete Andreas Schleicher – der Mann, der das PISA-Programm der OECD geleitet hat -, dass das starke Engagement für Gerechtigkeit in Kanada der Schlüssel sei.

Aber in wie weit können wir den kanadischen PISA Ergebnissen trauen?

Eine der wichtigsten Säulen der PISA Studie ist, dass die Studie repräsentativ für die 15-jährige Bevölkerung jedes Landes sein soll. Wenn dies nicht der Fall ist, dann vergleichen wir Birnen mit Äpfeln. Wenn beispielsweise das Land A einige Gruppen von Schülern überproportional ausschließt, dann kann es nicht fair mit dem Land B verglichen werden, in dem ein repräsentativer Querschnitt der jungen Menschen tatsächlich teilgenommen hat. Diese Situation könnte eintreten, wenn beispielsweise Kinder mit besonderem Förderungsbedarf identifiziert und in verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt werden. Alternativ kann in einigen Ländern eine beträchtliche Anzahl an Schülern und Schulen die Teilnahme an der Studie verweigern.

Die Realität ist, dass dies bei PISA geschieht – und wir glauben, dass dies die kanadischen Ergebnisse erheblich beeinträchtigen könnte.

Dieser Punkt ist in Abbildung 1 dargestellt, die sich auf Zahlen aus dem PISA 2015 technischen Bericht stützt. Die Zahlen für Kanada sind bemerkenswert: Nur etwa die Hälfte (53%) der 15-Jährigen in Kanada wurden im Rahmen der PISA 2015 Bewertung erfasst. Im Vergleich dazu sind es in Japan und Südkorea mehr als 90% der 15-Jährigen.

Abbildung 1. Die Zahl der 15-Jährigen in Kanada, Japan und Südkorea und die (gewichtete) Zahl der im Rahmen der PISA-Bewertung erfassten Personen. Ursprung.

Warum sehen diese Zahlen für Kanada so schlecht aus? Es gibt eine Vielzahl an Gründen.

Erstens haben sich Schulen in Kanada eher geweigert teilzunehmen, als Schulen in anderen Ländern, wobei der kanadische Länderbericht besondere Probleme in der Provinz Quebec feststellt (wo weniger als die Hälfte der Schulen der Teilnahme zugestimmt hat, siehe Tabelle A2). Wenn es unwahrscheinlicher ist, dass bestimmte Schultypen (z.B. mit leistungsschwächeren Schülern) teilnehmen als andere (z.B. leistungsstärkere Schulen), dann könnte dies zu einer Verzerrung der kanadischen PISA-Ergebnisse führen.

Zweitens war es viel wahrscheinlicher, dass Kanada Schüler aufgrund von Faktoren wie besonderem Förderungsbedarf von der PISA-Studie ausschloss (7,5% der 15-Jährigen wurden in Kanada ausgeschlossen, verglichen mit 2,4% in Japan und weniger als 1% in Südkorea) – eine Gruppe, die wahrscheinlich sehr leistungsschwache Schüler sind.

Drittens war es in Kanada weniger wahrscheinlich, dass Schüler tatsächlich an der PISA-Studie teilnehmen – selbst in Schulen, die sich bereit erklärten, daran teilzunehmen. Konkret zeigen die offiziellen Zahlen, dass fast 20% der kanadischen Teenager am Tag des PISA-Tests als abwesend gezählt wurden, verglichen mit weniger als 3% derjenigen in Japan und Südkorea. Es ist bekannt, dass bestimmte Schülertypen (z.B. leistungsschwächere Schüler mit niedrigerem sozioökonomischem Hintergrund) häufiger in der Schule fehlen und dass diese Merkmale wahrscheinlich mit der Leistung beim PISA-Test in Verbindung stehen. Es scheint daher wahrscheinlich, dass dies zu einer Verzerrung der Ergebnisse nach oben führen würde.

Zusammengenommen schwächt dies unserer Meinung nach das Vertrauen in die PISA 2015-Daten für Kanada erheblich. Wir glauben, dass es besonders problematisch ist, Vergleiche mit anderen „leistungsstarken“ Ländern – Japan und Südkorea in unserem Beispiel – anzustellen, in denen ein wirklich repräsentativer Querschnitt von Kindern teilgenommen hat.

Tatsächlich scheinen die Beweise dafür, dass Kanada eine „Bildungs-Supermacht“ ist, auf den zweiten Blick überhaupt nicht besonders stark zu sein.

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